die Europäische Kommission hat am 9. Dezember 2021 Vorschläge unterbreitet, wie die Arbeitsbedingungen von Plattformbeschäftigten und Solo-Selbstständigen verbessert werden können. Unter bestimmten Umständen könnten grundsätzlich davon auch Angehörige Freier Berufe
profitieren. Das Paket umfasst …
· eine Mitteilung [1] über die Vorgehensweise und Maßnahmen
der EU im Bereich Plattformarbeit;
· einen Vorschlag für eine Richtlinie [2] zur Verbesserung der
Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit;
· einen Entwurf für Leitlinien [3], um die Anwendung des
EU-Wettbewerbsrechts auf Tarifverträge von Solo-Selbstständigen zu klären. Dies schließt auch Personen ein, die über digitale Arbeitsplattformen arbeiten (vgl. BFB-Informationen vom 19. Januar und 8. März 2021).
Die EU-Kommission fordert in ihrer Mitteilung die Mitgliedstaaten, die Sozialpartner und alle einschlägigen Akteure auf, konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit vorzuschlagen. Sie bekennt sich dabei einerseits dazu, die Vorteile des
digitalen Wandels voll ausschöpfen und andererseits die soziale Marktwirtschaft in Europa zu schützen. Die EU möchte außerdem mit gutem Beispiel vorangehen und einen Beitrag zu künftigen globalen Standards für hochwertige Plattformarbeit leisten. Plattformen seien grenz-überschreitend tätig und erforderten daher auch einen
grenzübergreifenden Regulierungsansatz.
Mit der vorgeschlagenen Richtlinie soll sichergestellt werden, dass Personen, die über digitale Arbeitsplattformen arbeiten, den rechtmäßigen Beschäftigungsstatus erhalten, der ihren tatsächlichen Arbeitsregelungen entspricht. Sie enthält eine Liste von Kontrollkriterien, mit deren Hilfe festgestellt werden kann, ob es sich bei der Plattform um einen „Arbeitgeber“ handelt. Erfüllt die Plattform mindestens zwei der Kriterien, wird rechtlich davon ausgegangen, dass sie ein Arbeitgeber ist. Den über sie arbeitenden Personen würden daher die mit dem Status „Arbeitnehmer/in“ verbundenen Arbeitnehmer-rechte und sozialen Rechte zustehen. Die als „Arbeitnehmer/in“ eingestuften Personen hätten damit gegebenenfalls Anspruch auf den Mindestlohn, Tarifverhandlungen, geregelte Arbeitszeiten und Gesundheitsschutz, bezahlten Urlaub und verbesserten
Zugang zum Schutz vor Arbeitsunfällen, Leistungen bei Arbeitslosigkeit und Krankheit sowie beitragsabhängige Altersrente. Plattformen haben das Recht, diese Einstufung anzufechten oder „zu widerlegen“, wobei sie nachweisen müssen, dass kein Beschäftigungsverhältnis besteht.
Die Richtlinie will zudem die Transparenz bei der Nutzung von
Algorithmen durch digitale Arbeitsplattformen erhöhen, eine
Überwachung der Einhaltung der Arbeitsbedingungen durch Menschen gewährleisten und das Recht vorsehen, automatisierte Entscheidungen anzufechten. Diese neuen Rechte sollen sowohl Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern als auch echten Selbstständigen gewährt werden.
Der Vorschlag der EU-Kommission beabsichtigt ferner, für mehr Transparenz in Bezug auf die Plattformen sorgen, indem die bestehenden Verpflichtungen zur Anmeldung von Arbeitsverhältnissen gegenüber nationalen Behörden klargestellt und die Plattformen aufgefordert werden, den nationalen Behörden wichtige Informationen über ihre
Tätigkeiten und die über sie tätigen Personen bereitzustellen.
Die EU-Kommission eröffnete außerdem eine bis zum 24. Februar 2022 laufende öffentliche Konsultation [4] zu dem Entwurf von Leitlinien zur Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts auf Tarifverträge für Solo-Selbstständige. Dieser Leitlinienentwurf soll für Rechtssicherheit sorgen und sicherstellen, dass das EU-Wettbewerbsrecht die Bemühungen bestimmter Solo-Selbstständiger nicht behindert, ihre Arbeitsbedingungen, einschließlich des Arbeitsentgelts, per Tarifvertrag zu verbessern, wenn sie sich in einer relativ schwachen Position befinden, etwa aufgrund einer äußerst ungleichen Verteilung der Verhandlungsmacht. Die endgültige Fassung der Leitlinien soll zusammen mit dem Folgenabschätzungsbericht im zweiten Quartal 2022
veröffentlicht werden. Die endgültigen Leitlinien sind für die
EU-Kommission bei der Auslegung und Durchsetzung der
EU-Wettbewerbsvorschriften verbindlich.